Auf­zeich­nung: Pla­ne­ta­ry Health Dia­lo­gue: Das Nöti­ge und das Genug – wie Suf­fi­zi­enz zu einer (klima-)gerechten Welt bei­tra­gen kann

In der 9. Aus­ga­be unse­rer Web­i­nar­rei­he „Pla­ne­ta­ry Health Dia­lo­gues“ am Mitt­woch, 8. Mai 2024, 15.00 – 16.00 Uhr haben wir uns damit befasst, wie Suf­fi­zi­enz zu einer (klima-)gerechten Welt bei­tra­gen kann.

Die (his­to­ri­schen) Ver­ant­wort­lich­kei­ten für die Kli­ma- und Umwelt­kri­sen und ihre Fol­gen sind natio­nal und glo­bal sehr ungleich und unge­recht ver­teilt. Der Deut­sche Ethik­rat betont in sei­ner kürz­lich erschie­ne­nen Stel­lung­nah­me die Not­wen­dig­keit suf­fi­zi­en­ta­ris­ti­scher Schwel­len­wer­te für Kli­ma­ge­rech­tig­keit, bei­spiels­wei­se in Berei­chen wie Ernäh­rung und Mobi­li­tät. Das bedeu­tet, das mini­ma­le, also not­wen­di­ge Maß an Res­sour­cen und Befä­hi­gun­gen fest­zu­le­gen, das für alle über­all und jeder­zeit garan­tiert sein soll. Ergän­zend bezeich­net der Sach­ver­stän­di­gen­rat für Umwelt­fra­gen (SRU) in sei­nem aktu­el­len Dis­kus­si­ons­pa­pier eine „Suf­fi­zi­enz­kul­tur“ als unab­ding­bar für die Ent­wick­lung einer „demo­kra­tisch-öko­lo­gi­schen Zivi­li­sa­ti­on“. Er betont dabei die Not­wen­dig­keit von kol­lek­tiv selbst gesetz­ten maxi­ma­len Gren­zen von Pro­duk­ti­on und Kon­sum. Es braucht also poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Ver­stän­di­gung über das Nöti­ge und das Genug für ein gutes, gelin­gen­des Leben für alle inner­halb pla­ne­ta­rer Gren­zen.

Im Rah­men die­ses Dia­lo­gues haben wir die Per­spek­ti­ven des Deut­schen Ethik­rats und des Sach­ver­stän­di­gen­rats für Umwelt­fra­gen (SRU) zusam­men­ge­bracht und dis­ku­tiert, wie Suf­fi­zi­enz zu einer (klima-)gerechten Welt bei­tra­gen kann.

Prof. Dr. Kers­tin Schlögl-Flierl (Mit­glied des Deut­schen Ethik­ra­tes und Pro­fes­so­rin für Moral­theo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Augs­burg), stell­te hier­für zunächst drei Ansät­ze vor, die der Schwel­len­wert­s­kon­zep­ti­on von Kli­ma­ge­rech­tig­keit des Ethik­rats zugrun­de lie­gen: (1) Güter und Las­ten gleich ver­tei­len, (2) ein aus­rei­chen­des Maß an grund­le­gen­den Gütern und Befä­hi­gun­gen für alle sicher­stel­len, sowie (3) Schlech­ter­ge­stell­te vor­ran­gig behan­deln. Aus Sicht des Ethik­rats ist in ers­ter Linie die Poli­tik dafür ver­ant­wort­lich, Rah­men­be­din­gun­gen zu schaf­fen, die suf­fi­zi­en­te Lebens­prak­ti­ken für alle ermög­li­chen. Wenn suf­fi­zi­en­te Prak­ti­ken zumut­bar sind, muss auch jede:r Ein­zel­ne mit­wir­ken.

Danach erläu­ter­te Ben­dix Vogel (Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter beim Sach­ver­stän­di­gen­rat für Umwelt­fra­gen) den Ansatz der Suf­fi­zi­enz und grenz­te ihn von den zwei ande­ren Nach­hal­tig­keits­stra­te­gien Effi­zi­enz und Kon­sis­tenz ab. Suf­fi­zi­enz zielt dar­auf ab, den End­ver­brauch an Res­sour­cen und Ener­gie zu redu­zie­ren sowie Wohl­stand inner­ge­sell­schaft­lich umzu­ver­tei­len. Damit ver­bun­den ist eine Ände­rung sozia­ler Prak­ti­ken, wie bei­spiels­wei­se öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel anstatt das Auto zu nut­zen. Er beton­te, dass alle drei Stra­te­gien nötig sind, aber Suf­fi­zi­enz mehr Beach­tung braucht.

Suf­fi­zi­enz bedeu­tet nicht „dass alle Men­schen schlech­ter leben sol­len“ – das war die Kern­aus­sa­ge die­ses Pla­ne­ta­ry Health Dia­lo­gues. Im Gegen­teil, der Ansatz soll dazu bei­tra­gen, dass alle Men­schen heu­te und in Zukunft ein gutes gelin­gen­des Leben füh­ren kön­nen. Das Bestre­ben nach gerech­te­rer Ver­tei­lung von Chan­cen und Las­ten einer­seits sowie die Not­wen­dig­keit, pla­ne­ta­re Belas­tungs­gren­zen ein­zu­hal­ten ande­rer­seits, mün­den jeweils bei Suf­fi­zi­enz. Betont wur­de, dass auf allen poli­ti­schen Ebe­nen und mit allen gesell­schaft­li­chen Grup­pen das Nöti­ge und das Genug aus­ge­han­delt wer­den muss, wobei es Vorreiter:innen bis­lang ins­be­son­de­re auf der kom­mu­na­len Ebe­ne gäbe. Wich­tig sei auch, die Inter­es­sen zukünf­ti­ger Gene­ra­tio­nen bes­ser in poli­ti­scher Ent­schei­dungs­fin­dung zu berück­sich­ti­gen und dafür demo­kra­ti­sche Insti­tu­tio­nen und Pro­zes­se zu refor­mie­ren.

Mode­riert wur­de der Pla­ne­ta­ry Health Dia­lo­gue von Katha­ri­na Wab­nitz, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin am CPHP. Die Ver­an­stal­tungs­spra­che war Deutsch.

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