In Zusammenarbeit mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG e.V.) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
“Gesundheit ist ein Menschenrecht, ein globales
öffentliches Gut, Bedingung für und Auswirkung
von Sicherheit, Stabilität und Wohlstand” (1)
Erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales. Die Durchführung der
Untersuchungen sowie die Schluss-
folgerungen aus den Untersuchungen
sind von den Auftragnehmenden in eigener
wissenschaftlicher Verantwortung vorgenommen
worden. Das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit,
Genauigkeit und Vollständigkeit der Untersuchungen.
Die Klimakrise als Gesundheitsgefahr
In einer Welt, in der große Industrienationen, wie Deutschland, in Anbetracht multipler Krisen Mitte des Jahrhunderts klimaneutral sein wollen, ist wirtschaftlicher Erfolg nur noch mit Geschäftsmodellen erreichbar, die sich ein Wirtschaften innerhalb planetarer Belastungsgrenzen zum Ziel machen. Die Auswirkungen des Klimawandels, die demografischen Entwicklungen, der Fachkräftemangel und die noch nicht vollständig abschätzbaren Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit der Bevölkerung, zwingt den Arbeitsmarkt dazu, die Bedarfe und die Gesundheit der Beschäftigten noch stärker in den Blick zu nehmen.
Der Klimawandel hat in Deutschland bereits zu einer deutlichen Temperaturzunahme geführt. So lag die Mitteltemperatur im vergangenen Jahrzehnt bereits rund 2 °C über dem vorindustriellen Niveau. Hinzu kommt die Gefahr, dass durch das Erreichen von bestimmten Kipppunkten im Erdsystem, beispielsweise die Abholzung des Amazonas Regenwaldes oder das Abschmelzen der Polareiskappen, Rückkopplungseffekte auf[1]treten, die dazu führen, dass ein sich selbst verstärkender Erderwärmungsprozess eintritt, der irreversibel ist und völlig neue, ungünstige Lebens- und Arbeitsbedingungen schafft (2).
Der Klimawandel hat schon heute massive Auswirkungen auf die Gesundheit und die Sicherheit von Menschen an ihren Arbeitsplätzen (3,4). Vor allem Hitzebelastungen haben in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen. Schon jetzt stellt Hitze die größte Gesundheitsgefahr in Europa dar und ist ein Grund für die Zunahme arbeitsbezogener Belastungen und Fehlzeiten, die mit weitreichenden Produktivitätseinbußen einhergehen (5,6). Der Klimawandel wirkt dabei doppelt – als alleinstehendes Risiko und als Verstärker: denn durch den Klimawandel können bereits bekannte Arbeitsschutzrisiken intensiver und häufiger auftreten.
Die derzeitige Ampelregierung hat 2021 im Koalitionsvertrag längeres, gesünderes Arbeiten im Sinne von „Prävention vor Reha vor Rente“ zu einem Schwerpunktthema der Alterssicherungspolitik gemacht (7). Ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen weisen ein höheres Risiko für klimawandelassoziierte gesundheitliche Beeinträchtigungen und Erkrankungen auf (4). Um ein langes, gesundes Arbeiten im Klimawandel zu ermöglichen, sind daher frühzeitige Präventionsmaßnahmen, sowohl durch Klimaschutz (Mitigation) als auch durch Anpassungen an die Folgen des Klimawandels (Adaptation) erforderlich. Versäumnisse im Bereich der Prävention bedeuten langfristig eine stärkere Belastung der sozialen Sicherungssysteme.
Um langfristig Wohlstand zu sichern, braucht es stärkere Anstrengungen für Klimaschutz und Klimaanpassung in allen Be[1]reichen gesellschaftlichen Zusammenlebens sowie eine Transformation hin zu einem Wirtschaften innerhalb planetarer Grenzen. Im Abklang der Covid-19 Pandemie stehen nun grundlegende Veränderungen der Energie- und Klimapolitik auf der politischen Agenda. Die entscheidenden Säulen dieser Transformation werden privatwirtschaftliche Unternehmen, ihre Investitionen und ihre Beschäftigten sein, die ihre Wertschöpfung konsequent umwelt- und klimagerecht ausgestalten (8). Gesundheitsförderung und Prävention im betrieblichen Setting sowie der Arbeitsschutz, z.B. in Form eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements, können bei der Transformation eine zentrale Rolle spielen und Klimaschutz und ‑anpassung sowie Gesundheitserhaltung und ‑förderung miteinander verbinden (9).
In dem vorliegenden Gutachten werden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit in der Arbeitswelt dargestellt und eingeordnet. Dafür wird die Frage aufgeworfen, inwiefern die jetzigen Strukturen und ihre Akteur:innen, Bestimmungen und Regelungen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz angesichts der bereits beobachteten und prognostizierten negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Beschäftigten ausreichen und welche zusätzlichen Anpassungs- und Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Gleichzeitig wird herausgearbeitet, welche zusätzlichen Gewinne sich für die Gesundheit und das System Arbeit durch Klimaschutzmaßnahmen ergeben können. Das Ziel dieses Gutachtens ist es daher, zentrale Herausforderungen darzustellen, die sich für Arbeit und Gesundheit im Kontext des Klimawandels bereits heute und zukünftig für eine resiliente, klimaschützende und gesundheitsfördernde Arbeitswelt ergeben.
- WHO, & UNFPA. (2017). HLPF Thematic Review of SDG3: Ensure healthy lives and
promote well-being for all at all ages. https://sustainabledevelopment.un.org/content/
documents/14367SDG3format-rev_MD_OD.pdf. - Thunberg, G. (Hg.). (2022). Das Klima Buch. Deutsche Erstausgabe, 2. Auflage. S.
Fischer. 489 S. - Bauer, S., et al. (2022) Klimawandel und Arbeitsschutz. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Gd108.html?pk_campaign=DOI
- Traidl-Hoffmann, C. et al. (Hg.). (2021). Planetary Health. 1. Auflage. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. 362 S.
- BKK Landesverband Nordwest (2021). Gehäufte Wetterextreme führen zu zunehmenden Gesundheitsschäden. https://www.bkk-lv-nordwest.de/bkk-daten-des-bkk-landesverbandes-nordwest-klimawandel-macht-krank/.
- Rousi, E., et al., (2022). Accelerated western European heatwave trends linked to
more-persistent double jets over Eurasia. Nat Commun ;13(1):3851. https://doi.
org/10.1038/s41467-022–31432‑y - Sozialdemokratische Partei Deutschland, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Freie Demokratische Partei (Hg.) (2021). Mehr Fortschritt wagen — Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit
und Nachhaltigkeit. https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf - Grimm, V. (02. März 2022). Wohlstandssicherung: Neue Strukturen, neue Werte. Heinrich Böll Stiftung; https://www.boell.de/de/2022/03/02/wohlstandssicherung-neuestrukturen-neue-werte
- Bühn, S. & Schulz, C. (2023). PLANETARY HEALTH IM BETRIEBLICHEN SETTING -
Auswirkungen der planetaren Krisen auf die Gesundheit von Beschäftigten und Chancen durch ein klimasensibles betriebliches Gesundheitsmanagement. https://www.
bkk-dachverband.de/publikationen/alle-publikationen/planetary-health-im-betrieblichen-setting
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