EU geht wich­ti­gen Schritt, um Men­schen euro­pa­weit vor Luft­ver­schmut­zung zu schüt­zen

Ber­lin / Brüs­sel, 21. Febru­ar 2024 — Gesundheitsexpert:innen begrü­ßen die ges­tern im Tri­log erziel­te Eini­gung zur Aktua­li­sie­rung der EU-Luft­qua­li­täts­richt­li­nie (Ambi­ent Air Qua­li­ty Direc­ti­ve). Sie appel­lie­ren an die deut­schen Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten und die Bun­des­re­gie­rung, die­se nun zügig anzu­neh­men.

Im Tri­log haben sich die Ver­han­deln­den des Euro­päi­schen Par­la­ments, der Bel­gi­schen Rats­prä­si­dent­schaft und der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on am Diens­tag­abend dar­auf geei­nigt, die Grenz­wer­te für zen­tra­le Luft­schad­stof­fe zu aktua­li­sie­ren, die Anfor­de­run­gen für Luft­qua­li­täts-Moni­to­ring zu ver­bes­sern und die Bevöl­ke­rung und vor allem beson­ders gefähr­de­te Grup­pen bes­ser dar­über zu infor­mie­ren, wie sie ihre Gesund­heit vor Luft­ver­schmut­zung schüt­zen kön­nen. Der Gesetz­ent­wurf ent­hält zudem neue Rege­lun­gen für den Zugang zu Recht und Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen.

Die erziel­te Eini­gung ist jedoch nur vor­läu­fig. Damit sie — mit einer Umset­zungs­frist von zwei Jah­ren — in Kraft tre­ten kann, muss sie noch vom Euro­päi­schen Par­la­ment sowie vom Rat ange­nom­men wer­den.

Luft­ver­schmut­zung belas­tet Gesund­heit und Wirt­schaft

Luft­ver­schmut­zung belas­tet die Gesund­heit der Europäer:innen schwer, trifft aber auch die Wirt­schaft hart. 97 % der Men­schen in Städ­ten atmen Luft ein, die als unge­sund gilt, jedes Jahr zu Hun­dert­tau­sen­den Todes­fäl­len führt und Mil­li­ar­den Euro Gesund­heits­kos­ten zur Fol­ge hat. Alle Men­schen sind von Luft­ver­schmut­zung betrof­fen und beson­ders vul­nerable Grup­pen: Men­schen mit Vor­er­kran­kun­gen, Kin­der, älte­re Men­schen, Schwan­ge­re und Men­schen, die mit gesund­heit­li­chen Ungleich­hei­ten kon­fron­tiert sind.

Euro­päi­sche Gesund­heits­ver­bän­de haben die Mit­glied­staa­ten gemein­sam auf­ge­for­dert, sich dafür ein­zu­set­zen, die nicht hin­nehm­ba­re Krank­heits­last durch Luft­ver­schmut­zung durch wis­sen­schaft­lich und gesund­heit­lich begrün­de­te rechts­ver­bind­li­che Grenz­wer­te zu been­den.

Bar­ba­ra Hoff­mann, Pro­fes­so­rin für Umwelt­me­di­zi­ni­sche Epi­de­mio­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Düs­sel­dorf:

“Wir müs­sen die Luft in Deutsch­land so schnell wie mög­lich ver­bes­sern – damit kön­nen wir sowohl Todes­fäl­le und Erkran­kun­gen ver­hin­dern als auch Geld im ohne­hin bereits stark belas­te­ten Gesund­heits­we­sen ein­spa­ren. Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on zeigt, dass die Ein­spa­run­gen durch gerin­ge­re Gesund­heits­aus­ga­ben die Kos­ten für die Luft­rein­hal­tung um ein Viel­fa­ches über­tref­fen. Jede Ver­zö­ge­rung bei der Ein­hal­tung der WHO Emp­feh­lun­gen für sau­be­re Luft geht ein­her mit völ­lig unnö­ti­gen und ver­meid­ba­ren Asth­ma­an­fäl­len bei unse­ren Kin­dern, Herz­in­fark­ten, Schlag­an­fäl­len, neu­en Fäl­len von Zucker­krank­heit und sogar Demenz. Es ist not­wen­dig, dass wir jetzt unse­re Grenz­wer­te an die wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se anglei­chen.“

Anne Stauf­fer, stell­ver­tre­ten­de Direk­to­rin der Health and Envi­ron­ment Alli­ance (HEAL), begrüß­te das Ergeb­nis der Tri­log-Ver­hand­lun­gen:

“Die ges­tern Abend erziel­te Eini­gung über die Luft­qua­li­täts-Richt­li­nie ist ein wich­ti­ger Schritt in Rich­tung sau­be­re Luft in Euro­pa. Auch wenn der Kom­pro­miss lei­der die wis­sen­schaft­li­chen Emp­feh­lun­gen nicht eins zu eins umsetzt„ hat das Paket ein enor­mes Poten­zi­al, das Lei­den der Men­schen zu lin­dern, Krank­hei­ten zu ver­hin­dern und wirt­schaft­li­che Ein­spa­run­gen zu erzie­len. Wir for­dern alle Mit­glie­der des Euro­päi­schen Par­la­ments und die Mit­glied­staa­ten auf, die­se Über­ar­bei­tung noch vor den EU-Wah­len anzu­neh­men, da es sich um ein aktua­li­sier­tes Gesetz mit einem kla­ren Mehr­wert für die Men­schen han­delt.”

Doro­thea Balktruks, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin bei der Denk­fa­brik Cent­re for Pla­ne­ta­ry Health Poli­cy (CPHP):

„Auch wenn die über­ar­bei­te Luft­qua­li­täts­richt­li­nie den aktu­el­len gesund­heits­wis­sen­schaft­li­chen Emp­feh­lun­gen nicht ganz ent­spricht, wird sie einen gro­ßen Gewinn für die Gesund­heit brin­gen. Dies ist auch ein wich­ti­ger Bau­stein der drin­gend not­wen­di­gen Kli­ma­an­pas­sung, da Luft­ver­schmut­zung bei Zehn­tau­sen­den zu einem vul­ner­ablen Gesund­heits­zu­stand führt und in Hit­ze­wel­len die Krank­heits­last und Anzahl an vor­zei­ti­gen Todes­fäl­len erhöht. In der deut­schen Bevöl­ke­rung gibt es gro­ße Unter­stüt­zung für die stren­ge­ren Grenz­wer­te, daher soll­te die Bun­des­re­gie­rung der über­ar­bei­te­ten Richt­li­nie im Euro­päi­schen Rat unbe­dingt zustim­men.“

Anja Beh­rens, Spre­che­rin der Arbeits­grup­pe “Sau­be­re Luft” der Deut­schen Alli­anz Kli­ma­wan­del und Gesund­heit:

“Mit einem brei­ten Bünd­nis aus Bun­des­ärz­te­kam­mer und vie­len medi­zi­ni­schen Fach­ge­sell­schaf­ten for­dert die Deut­sche Alli­anz Kli­ma­wan­del und Gesund­heit die deut­sche Regie­rung und Euro­pa zu schnel­lem Han­deln für sau­be­re Luft auf. Die aktu­ell gel­ten­den Grenz­wer­te für Luft­schad­stof­fe sind abso­lut unzu­rei­chend für den Gesund­heits­schutz und ver­hin­dern kom­mu­na­le Maß­nah­men für eine bes­se­re Luft­qua­li­tät. Wir kön­nen uns ein Hin­aus­schie­ben stren­ge­rer Grenz­wer­te nicht mehr leis­ten — für den Gesund­heits­schutz und zur Ein­däm­mung der Kli­ma­kri­se, denn Maß­nah­men für sau­be­re Luft begren­zen fast immer auch die Kli­ma­kri­se.”