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Nachhaltigkeit

»Apotheken am Hebel für Gesundheit und Umweltschutz“

Ein Bericht des Think-Tanks »Centre for Planetary Health Policy« (CPHP) und der Bucerius Law School zeigt auf, dass das Arzneimittelwesen erheblich zu den Umwelt- und Klimabelastungen beiträgt, und erläutert Gegenmaßnahmen. Außerdem wird deutlich: Apotheken kommt eine wesentliche Rolle bei der Nachhaltigkeit im Arzneimittelsektor zu. 
Melanie Höhn
18.01.2023  15:30 Uhr

Der »Policy Brief« des CPHP und der Bucerius Law School hat analysiert, welche Auswirkungen die Klimakrise auf unser Wohlergehen und unsere Gesundheit hat. Dies werde Â»mit jeder Hitzewelle, jedem Extremwetterereignis und jeder Dürreperiode deutlicher«. Doch auch andere Umweltschäden, die durch menschliche Aktivitäten verursacht werden, hätten direkte und indirekte Auswirkungen auf die Gesundheit. Der »dramatische Biodiversitätsverlust sowie die Verschmutzung von Gewässern, Luft und Böden haben längst ein gefährliches Maß erreicht«, schreiben die Autorinnen des Berichts. 

Das Arzneimittelwesen trage durch seine chemikalienintensive Produktion »erheblich« zu den Umwelt- und Klimabelastungen bei: Global gesehen sei die pharmazeutische Industrie für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich als die Automobilindustrie. »Auswirkungen auf die Umwelt entstehen dabei im gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels, von der Entwicklung, Produktion über die Lieferkette und die Verabreichung bis hin zur Entsorgung. Humanarzneimittel gelangen hauptsächlich durch die Ausscheidung sowie die unsachgemäße Entsorgung regelmäßig in die Umwelt«, heißt es in dem Bericht weiter. Zwar würden »die daraus resultierenden Arzneimittelrückstände im Wasser und in den Böden bislang nicht als gesundheitsgefährdend eingestuft, die Schäden für die betreffenden Ökosysteme sind jedoch erheblich und zum Teil noch nicht hinreichend erforscht«. 

Apotheken: Wesentliche Rolle beim Gesundheits- und Umweltschutz

Apotheken haben laut Bericht »großen Einfluss auf die bedarfsgerechte Verwendung und Entsorgung von Arzneimitteln und können somit die Eintragswege von Pharmazeutika in die Umwelt reduzieren«. Als direkte Kontaktpersonen der Endverbraucher komme ihnen dabei eine wesentliche Rolle zu und sie seien sozusagen »am Hebel für Gesundheit und Umweltschutz«.

Eine berufsrechtliche Pflicht sei es, Patientinnen und Patienten zu informieren und zu beraten, »einschließlich sachgerechter Aufbewahrung und Entsorgung der Arzneimittel«, doch diese Pflicht erstrecke sich nicht auf Hinweise ȟber den umweltbewussten Umgang mit und die Entsorgung von Arzneimitteln mit Umweltrelevanz«. Bei Beratungsgesprächen könne jedoch vermittelt werden, welche Arzneimittel aus Umweltgründen zu bevorzugen seien – doch die ärztliche Therapiefreiheit dürfe dabei nicht beeinflusst werden. Zudem setze »eine fachkundige Beratung über Umweltauswirkungen der Arzneimittel Vorwissen voraus, das durch Aus- und Weiterbildung sichergestellt werden müsste«, schreiben die Autorinnen. Einzelne medizinische Fachgesellschaften hätten bereits Leitlinien erarbeitet, die die Umweltbilanz verschiedener Medizinprodukte berücksichtigen, wie etwa die Handlungsempfehlung für die klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin.

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